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29. September 2020Lesedauer 5 Minuten

Referentenentwurf zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen

Der geplante Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen ist im Kern ein eigenständiges außergerichtliches Sanierungsverfahren. Es dient zur Umsetzung eines Sanierungsprozesses mittels Restrukturierungsplan zwecks Abwendung eines Insolvenzverfahrens. Die Schuldnerin und die sie unterstützenden Gläubiger können auf bestimmte Verfahrenshilfen zurückgreifen, um ein Sanierungsvorhaben mehrheitlich gegen den Widerstand einzelner Stakeholder um- und durchzusetzen. Die bereitgestellten Instrumente sollen dabei als Optionen zur Verfügung stehen, von denen die Beteiligten möglichst ungebunden Gebrauch machen können. Die "Herrschaft" über den Sanierungsprozess soll bei den Beteiligten verbleiben.

Erwartete Auswirkungen auf die Praxis

Eine Einführung des geplanten Gesetzes ist zum 1. Januar 2021 avisiert. Sie wird damit zeitlich an den Verlängerungszeitraum für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung anschließen. Es ist davon auszugehen, dass kurzfristig insbesondere aufgrund der bestehenden COVID-19-Auswirkungen ein erheblicher Anstieg vorinsolvenzlicher Restrukturierungensverfahren eintreten wird. Insbesondere der Umstand, dass eine Umsetzung von Restrukturierungszielen gegen die Interessen einzelner obstruierender Beteiligter außerhalb der Insolvenz und damit kostengünstig und ohne Reputationsbeeinträchtigung möglich ist, dürfte die Popularität reflexartig erhöhen. Hinzu kommt, dass Rechtsberater, die bisher ausschließlich begleitend tätig gewesen sind, nun auch operativ eine entscheidende Rolle bei der Sanierung von Unternehmen spielen werden. Insbesondere ist eine Beratung von Konzernen aus einer Hand bei der Sanierung von Gruppengesellschaften durch die Gesetzesänderung möglich. Dies eröffnet neue Perspektiven und Einwirkungsmöglichkeiten auf den Restrukturierungsprozess und dessen Gestaltung.

Hintergrund & Zweck

Im Zuge der EU Richtline 2019/1023 u.a. zum präventiven Restrukturierungsrahmen war vorgesehen, dass die nationalen Gesetze zum Sanierungs- und Insolvenzrecht fortentwickelt und ergänzt werden. Anpassungsbedarf herrscht insbesondere deshalb, weil das geltende Recht keine verfahrensrechtlichen Grundlagen für die Durch- und Umsetzung von Sanierungen im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens vorsieht. Oft kommt eine konsensuale außergerichtliche Sanierung nur deshalb nicht zustande, weil einzelne (oft gut besicherte) Beteiligte nicht bereit sind, im Interesse einer verfolgten Sanierungslösung Zugeständnisse zu erbringen – obwohl ein Großteil dazu bereit wäre. Die Sanierung im Wege eines Insolvenzverfahrens birgt neben der negativen Reputation die Nachteile hoher Verfahrenskosten und rechtlicher sowie wirtschaftlicher Auswirkungen auf Unternehmensgruppen, Vertragspartner und Arbeitnehmer, mit denen die Überwindung des Widerstands einzelner gegen die außergerichtliche Sanierung teuer erkauft werden muss.

Mit dem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen soll die Lücke zwischen konsensualer außergerichtlicher Sanierung und kostenintensivem sowie reputationsbelastendem Insolvenzverfahren schließen. Insbesondere vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Herausforderungen im Zuge der COVID-19 Pandemie besteht erheblicher Bedarf an weiteren, flexibleren Sanierungsinstrumenten. Der sog. präventive Restrukturierungsrahmen will (Kosten- und Effizienz-)Vorteile der individuellen außergerichtlichen Sanierung mit Durchsetzungsmöglichkeiten, Störreduktion, Sicherungsinstrumenten und Sanierungsoptionen kombinieren, die sich im Insolvenzrecht (insbesondere im Insolvenzplanverfahren bei Eigenverwaltungen) bewährt haben. Diese modulare Bereitstellung von Verfahrenshilfen ermöglicht der Schuldnerin und den unterstützenden Gläubigern einen bedarfsgerechten Zugriff auf den „Sanierungsbaukasten“ bei voller Flexibilität im Sanierungsprozess – idealweise ohne Einfluss auf den operativen Geschäftsbetrieb.

Im Unterschied zum Insolvenzverfahren kann die Schuldnerin hier selbst entscheiden, von welchen Gläubigern sie Sanierungsbeiträge einfordert und sie daher zu diesem Zwecke in das Verfahren einbezieht. Sämtliche in Anspruch genommenen Sanierungshilfen werden nicht öffentlich gemacht. Kontroll- und Aufsichtsmechanismen sind weniger stark ausgeprägt und orientieren sich im Wesentlichen am Umfang des Vorhabens und dem Umfang der Gläubigereinbeziehung und deren Schutzbedürftigkeit. Im Gegenzug ist vorgesehen, dass Unternehmensleitung und Aufsichtsorgane auch Interessen von Gläubigern berücksichtigen müssen. Ansprüche von Arbeitnehmern, insbesondere solche aus betrieblicher Altersversorgung, sind der Sanierung allerdings entzogen.

Kernpunkte

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Möglichkeiten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ist, dass das Unternehmen drohend zahlungsunfähig (§ 18 InsO) ist. Bei Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO, bzw. Überschuldung, § 19 InsO) ist dieses Verfahren hingegen nicht zulässig. Der Restrukturierungsplan orientiert sich hinsichtlich Inhalt, Einteilung in Gruppen und den Voraussetzungen der Planbestätigung an den Regelungen des Insolvenzplans. Damit sind im Wesentlichen alle Gestaltungsvarianten im Plan möglich, die sonst nur im Rahmen eines Insolvenzverfahrens getroffen werden könnten.

Ein weiteres zentrales Element ist die private Selbstorganisation und Eigenverantwortung der Beteiligten. Diese können weitgehend eigenverantwortlich organisieren, wie der Prozess der Planerstellung und Planabstimmung ablaufen soll. Sollen Verfahrenshilfen in Anspruch genommen werden, ist alleinige Voraussetzung die Anzeige der Restrukturierungsbedürftigkeit beim zuständigen Restrukturierungsgericht – es braucht keine förmliche Verfahrenseröffnung.

Wesentliche Verfahrenshilfen sind:

  • die Bestätigung eines von den Planbetroffenen mit den erforderlichen Mehrheiten angenommenen Restrukturierungsplans, mit der Folge, dass die Planwirkungen auch für und gegen die Planbetroffenen wirken, die dem Plan nicht zugestimmt haben (§§ 64 ff. StaRUG);
  • die Vorprüfung des Restrukturierungsplans und des geplanten Abstimmungsprozesses mit dem Ziel, gerichtliche Hinweise zu Fragen zu erhalten, die für eine spätere Planbestätigung von Relevanz sind (§§ 47 f. StaRUG);
  • die Beendigung gegenseitiger, noch nicht vollständig erfüllter Verträge (§§ 49 ff. StaRUG);
  • die Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren zum Zwecke der Abwendung von Maßnahmen einzelner Gläubiger, welche die anvisierte Restrukturierungslösung erschweren oder vereiteln können (Stabilisierungsanordnungen nach den §§ 53 ff. StaRUG); sowie
  • die Möglichkeit der Abstimmung des Restrukturierungsplans in einem gerichtlichen Verfahren (§§ 45 f. StaRUG).

Flankiert wird der Entwurf von einer Anpassung des Insolvenzrechts. Insoweit ist unter anderem vorgesehen, dass Unternehmensleiter und Aufsichtsorgane ab Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit nunmehr primär die Interessen der Gläubiger zu berücksichtigen haben, die die Interessen und Weisungen der Anteilseigener überlagern. Eine Missachtung dieser Interessen begründet primär eine Haftung des Rechtsträgers und nachgelagert auch eine persönliche Haftung der Unternehmensleiter und Überwachungsorgane.

Unsere Beratungsleistungen

Wir beraten Gläubiger, Unternehmen und andere Verfahrensbeteiligte zu allen Fragen des Insolvenzrechts und außergerichtlicher Sanierungen. Wir sind umfassend in die Diskussion zum Referentenentwurf einbezogen und tauschen uns mit allen relevanten Marktteilnehmern und dem Ministerium zur Gesetzesinitiative aus. Wir sind überzeugt, dass die geplante vorinsolvenzliche Sanierung tatsächlich das Potential hat, die Restrukturierungspraxis nachhaltig positiv zu beeinflussen. Die konsequente Stärkung einer vorinsolvenzlichen Sanierung unterstützen wir beratend mit unserer langjährigen Expertise in komplexen nationalen wie internationalen Restrukturierungen auf Einzelebene sowie im Konzernverbund innerhalb und außerhalb von Insolvenzverfahren. Einen essenziellen Mehrwert für unsere Mandanten sehen wir in der Möglichkeit, die Restrukturierung aus einer Hand zu beraten und zu begleiten und dabei unser breites Netzwerk in der Restrukturierungs- und Insolvenzberatungsbranche in die Beratung einzubeziehen.