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9. Dezember 2024Lesedauer 11 Minuten

Commercial

Legal Roadmap 2025

Die nachfolgenden Themen finden Sie untenstehend detailliert im Überblick.

 

EU-Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel

Worum geht es bei diesem Thema?

Die EU-Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel (auch Empowering Consumer Directive, Richtlinie (EU) 2024/825) wurde am 6. März 2024 veröffentlicht und tritt am 26. März 2024 in Kraft. Ziel ist es, Verbraucherinnen und Verbrauchern durch besseren Schutz vor unlauteren Praktiken und umfassendere Informationen den ökologischen Wandel zu erleichtern. Die Richtlinie bringt umfangreiche Änderungen an der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL), die in das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) integriert werden. Besonders im Bereich der Umweltwerbung setzt die Richtlinie neue Standards: Umweltbezogene Werbeaussagen wie „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“ sind nur zulässig, wenn diese klar erläutert und durch geprüfte, verlässliche Daten belegt werden.

Zudem führt die Richtlinie neue vorvertragliche Informationspflichten ein, um Konsumentinnen und Konsumenten transparente Informationen zu Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten zu geben und nachhaltigere Kaufentscheidungen zu fördern.

Was gilt es zu beachten?

  1. Strengere Anforderungen an Umweltwerbung:
    • Private Nachhaltigkeitssiegel müssen künftig durch unabhängige Dritte zertifiziert werden. Unternehmen, die solche Siegel verwenden möchten, müssen daher striktere Nachweise zur Authentizität der Siegel erbringen.
    • Begriffe wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“ dürfen in der Werbung nur noch verwendet werden, wenn eine klare, nachvollziehbare Erläuterung erfolgt, die die ökologische Wirkung des Produkts oder der Dienstleistung präzise beschreibt.
    • Insbesondere wird das Bewerben von Produkten als „klimaneutral“ ohne detaillierte Erläuterungen und Nachweise untersagt, was insbesondere die gängige Praxis der Werbung mit der Kompensation von Treibhausgasemissionen einschränkt.
  2. Erweiterte vorvertragliche Informationspflichten:
    • Unternehmen müssen Verbraucherinnen und Verbraucher vor Abschluss eines Kaufvertrags umfassend über die Haltbarkeit und Reparierbarkeit eines Produkts informieren. Dies umfasst spezifische Angaben, die Unternehmen vom Hersteller erhalten haben, z. B. zur Verfügbarkeit von Ersatzteilen, möglichen Reparaturdiensten oder zur erwarteten Produktlebensdauer.
    • Zudem sind Informationen über die Verfügbarkeit von Updates für digitale oder digitalelementhaltige Produkte bereitzustellen, um Transparenz über die langfristige Nutzbarkeit zu gewährleisten.
  3. Förderung umweltfreundlicher Optionen:
    • Unternehmen sind verpflichtet, auf umweltfreundliche Lieferoptionen hinzuweisen und diese, wo möglich, anzubieten. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen so aktiv auf die Möglichkeit umweltschonender Alternativen aufmerksam gemacht werden.
  4. Fristen und Vorlaufzeiten:
    • Die neuen Vorschriften werden ab dem 27. September 2026 anwendbar sein. Unternehmen sollten jedoch bereits jetzt ihre Werbemaßnahmen und Kommunikationsstrategien daraufhin überprüfen und gegebenenfalls anpassen, da viele Kampagnen langfristig geplant werden.
    • Jede Art der Kommunikation (z. B. Werbung, Verpackung, Social Media, Pressemitteilungen) mit Umweltbezug, die nach dem 27. September 2026 auf dem Markt ist oder eingeführt wird, muss den neuen Anforderungen entsprechen.

Da die Richtlinie verschiedene gängige Formen der Umweltwerbung entweder stark reguliert oder verbietet und umfangreiche vorvertragliche Informationspflichten vorschreibt, empfiehlt es sich, frühzeitig alle entsprechenden Prozesse und Kommunikationsmaterialien mit den neuen Regelungen abzugleichen.

 

EU-Richtlinie über die Förderung des „Rechts auf Reparatur" (Right-to-Repair Directive) 

Worum geht es bei diesem Thema?

Im Rahmen des „Green Deals“ hat die EU eine Richtlinie zum „Recht auf Reparatur“ beschlossen, um Reparaturen für defekte Produkte zu fördern und so einen nachhaltigeren Konsum zu ermöglichen. Die am 1. Juli 2024 in Kraft getretene Richtlinie sieht Maßnahmen vor, die Verbraucherinnen und Verbraucher dazu anregen sollen, Produkte zu reparieren statt zu ersetzen. Die neuen Vorgaben umfassen Anforderungen an die Lebensdauer, Reparierbarkeit und Nachrüstbarkeit von Produkten sowie klare Vorgaben zu Umweltaspekten entlang der Lieferkette – von Hersteller bis Vertreiber. Produkte, die diese Anforderungen nicht erfüllen, gelten als mangelhaft. Die EU-Kommission konkretisiert schrittweise produktspezifische Vorgaben durch die neue Ökodesign-Verordnung, mit ersten Regelungen, die Ende 2025 in Kraft treten sollen.

Was gilt es zu beachten?

  1. Reparaturpflicht und erweiterte Gewährleistung:
    • Herstellerinnen und Hersteller sowie Importeure, Vertreiberinnen und Vertreiber oder Verkäuferinnen und Verkäufer müssen Produkte auf Wunsch der Kundschaft auch nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung reparieren. Innerhalb der Gewährleistungsfrist wird bei Reparaturen eine Verlängerung um mindestens 12 Monate gewährt, um eine Reparatur attraktiver zu machen als den Austausch.
    • Für bestimmte Produkte besteht auch nach der Gewährleistungsfrist eine befristete Reparaturpflicht gegen ein angemessenes Entgelt. Eine Liste der betroffenen Produkte kann zukünftig durch die EU erweitert werden.
  2. Anforderungen an Ersatzteile und Infrastruktur für Reparaturen:
    • Unternehmen müssen die langfristige Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Spezialwerkzeugen gewährleisten – oft bis zu 10 Jahre nach Produktkauf. Diese Verpflichtung erfordert geeignete Absprachen mit Zuliefernden sowie die vorausschauende Planung notwendiger Ressourcen und Infrastruktur.
  3. Flexibilität bei der Wahl des Reparaturbetriebs:
    • Verbraucherinnen und Verbraucher können wählen, ob Reparaturen eigenständig oder durch externe Fachleute durchgeführt werden sollen. Unternehmen sollten strategisch entscheiden, ob sie Reparaturen selbst anbieten oder durch externe Partnerbetriebe ausführen lassen möchten. Da mangelnde Reparierbarkeit einen Sachmangel darstellen kann, sollte die Reparierbarkeit aller Produkte regelmäßig geprüft werden.
  4. Transparenz durch Informationspflichten und einheitliches Reparaturformular:
    • Unternehmen müssen klare und verständliche Reparaturinformationen zur Verfügung stellen, etwa über eine europäische Online-Plattform für Reparaturen. Ein einheitliches Formular soll Verbraucherinnen und Verbraucher zudem über Preis und Bedingungen der Reparatur informieren und so die Transparenz und Vergleichbarkeit fördern.
  5. Zeitplan und nationale Umsetzung:
    • Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31. Juli 2026 Zeit, die EU-Richtlinie in nationales Recht zu überführen und Sanktionen für Verstöße zu definieren.

Die neuen Anforderungen bedeuten für viele Unternehmen erheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Neben der Bereitstellung von Ersatzteilen und Ressourcen könnten auch Umsatzrückgänge durch vermehrte Reparaturen anstelle von Neukäufen auftreten. Die Auslagerung von Reparaturservices an Drittanbieter kann für Herstellerinnen und Hersteller sowie Importeure eine effiziente Lösung sein, um die Anforderungen zu erfüllen und gleichzeitig die ökologischen Ziele der EU zu unterstützen.

 

EU-Produkthaftungsrichtlinie

Worum geht es bei diesem Thema?

Mit der am 8. Dezember 2024 in Kraft getretenen Produkthaftungsrichtlinie soll das europäische Produkthaftungsrecht aus dem Jahre 1985 in das digitale Zeitalter überführt werden und an die Nachhaltigkeitsstrategie der EU angepasst werden. So werden nun auch Rohstoffe, smarte Produkte, Software, digitale Konstruktionsunterlagen und KI-Systeme einbezogen.

Die Neuerungen sind mit einer erheblichen Verschärfung der Produkthaftung verbunden. Die neue EU-Richtlinie soll vom Deutschen Gesetzgeber bis zum 9. Dezember 2026 umgesetzt werden.

Was gilt es zu beachten?

Auch wenn Sie bisher keinem Produkthaftungsrisiko ausgesetzt waren, sollten Sie sich in naher Zukunft mit Ihrem Haftungsrisiko für fehlerhafte Produkte auseinandersetzen. Nach der neuen Produkthaftungsrichtlinie werden auch Importeure, Bevollmächtigte des Herstellers, Fulfillment-Dienstleister und – unter engen Voraussetzungen – sogar Lieferanten und Betreiber von Online-Marktplätzen in Anspruch genommen. Auch Personen, die das Produkt außerhalb der Kontrolle des Herstellers wesentlich verändern, sind betroffen. Wir empfehlen, Ihre Vereinbarungen entlang der Vertriebs- und Lieferkette entsprechend zu prüfen und Regressregelungen zu treffen.

Für Sie werden insbesondere der Wegfall der bisherigen Haftungshöchstgrenzen, die prozessualen Risiken durch eine längere Verjährungshöchstfrist von bis zu 25 Jahren, neue Offenlegungspflichten und weitreichende Beweiserleichterungen für Anspruchsteller von Bedeutung sein.

Die weitgehenden Offenlegungspflichten und Beweiserleichterungen erinnern an angloamerikanisches Recht:
Geschädigte Personen, die vor Gericht einen Schadenersatzanspruch plausibel geltend machen, können Zugang zu relevanten, in der Verfügungsgewalt des Herstellers befindlichen Beweismitteln beantragen, um ihre Ansprüche nachzuweisen.
In komplexen Fällen kann ein Gericht entscheiden, dass der Kläger lediglich nachweisen muss, dass das Produkt wahrscheinlich fehlerhaft war oder dass seine Fehlerhaftigkeit den Schaden wahrscheinlich verursacht hat.

Durch die Einbeziehung smarter Produkte und Software können nun u.a. auch fehlende Software-Updates, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit erforderlich sind, zur Haftung für die Fehlerhaftigkeit eines Produkts führen. Der Schadensbegriff umfasst zudem auch Schäden, die durch die Vernichtung oder Beschädigung von Daten entstehen.

 

Zahlungsverzugsordnung

Worum geht es bei diesem Thema?

Nach über zehn Jahren soll die europäische Zahlungsverzugsrichtlinie von einer neuen Zahlungsverzugs-Verordnung abgelöst werden. Voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025 wird es so weit sein. Die Verordnung betrifft abgesehen von wenigen Ausnahmen den gesamten unternehmerischen Geschäftsverkehr innerhalb der EU, der Anwendungsbereich wird weitgehend sein.

Was gilt es zu beachten?

Als Zahlungsschuldner haben Sie deutlich weniger Spielraum als bisher:

  • Zahlungsfristen: Neu ist eine allgemeine Höchstfrist von 30 Tagen, die nur dann auf 60 Tage (bzw. bei bestimmten Waren auf 120 Tage) verlängert werden kann, wenn dies ausdrücklich vereinbart wird. Um von einer längeren Frist profitieren zu können, müssen also strenge Formerfordernisse beachtet werden.
  • Verzugszinsen: Diese betragen einheitlich acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
  • Entschädigung für Beitreibungskosten: Diese soll zwischen 50 und 150 Euro liegen, abhängig vom Rechnungsbetrag.
  • Freie Abtretbarkeit von Forderungen: Bislang häufig vereinbarte Einschränkungen bei der Abtretbarkeit sind künftig nichtig.
  • Sanktionen: Jedes EU-Land wird neue „Durchsetzungsbehörden“ einrichten, um Verstöße gegen die Verordnung unter anderem mit Bußgeldern zu sanktionieren.

Die Verordnung wird zu erheblichen Einschränkungen in der Vertragsgestaltung sowie einem erhöhten Bürokratieaufwand führen. Um unter anderem Bußgelder zu vermeiden, sollten Sie bestehende Verträge mit Lieferanten auf die neuen Anforderungen hin überprüfen sowie neue Verträge entsprechend gestalten.

Auch kann es in bestimmten Konstellationen sinnvoll sein, den Vertrag dem Recht eines Landes außerhalb der EU zu unterstellen, z.B. dem Recht eines US-Bundesstaates, um so dem Anwendungsbereich der Verordnung zu entgehen.

Verwandte Beiträge

Baumgartner: Die Zahlungsverzugsverordnung kommt – Anwendungsbereich und Möglichkeiten der Abbedingung durch Rechtswahl, ZVertriebsR 2024, 216

Turpie/Baumgartner, The New EU Late Payment Regulation - Avoiding its Applicability to a Commercial Contract by Choosing U.S. State Choice of Law, Transatlantic Law Journal, Issue 6, [im Erscheinen – voraussichtlich Ende November]

 

„Supply Chain Resilience” – Resiliente Lieferkette: Absicherung von Beschaffung und Vertrieb

Worum geht es bei diesem Thema?

Unternehmen hängen von belastbaren Zuliefer- und Absatzbeziehungen ab. Diese elementaren, im Alltag oft als selbstverständlich angenommenen Beziehungen sollten Sie so robust wie möglich gestalten.
Der bewährte Lieferant, bei dem Sie seit Jahren dringend benötigte Rohstoffe bestellen, lehnt auf einmal kurzfristig Ihre Bestellung ab? Wie können Sie Kostensteigerungen in langfristigen Vertragsbeziehungen an Kundinnen und Kunden weitergeben? Eine Unterbrechung der Belieferung oder ein Wegfall von Großkundinnen und -kunden kann schnell die Existenz Ihres Unternehmens bedrohen. Daher kann es sinnvoll sein, auf mehrere alternative Zulieferer zu setzen oder – wenn möglich – Lieferketten zu verkürzen. Eine tückische Haftungsfalle entsteht, wenn im Haftungsfall ein Regress gegen die verantwortliche Lieferantin oder den Lieferanten nicht möglich ist. Daher sollten Haftungsbedingungen in Lieferantenverträgen eng mit der gegenüber Kundinnen und Kunden übernommenen Haftung abgestimmt werden.

Gesicherte Belieferung und Absatz gehören auch zu zentralen Aspekten, die bei einer Due-Diligence-Prüfung im Rahmen eines Unternehmenskaufs geprüft werden. Defizite werden hier einem möglichen Käufer oder einer möglichen Käuferin des Unternehmens auffallen und können die Verkaufschancen für die Gesellschafterinnen und Gesellschafter empfindlich schmälern. Hier ist gut beraten, wer rechtzeitig vorgesorgt hat.

Was gilt es zu beachten?

Sie sollten die für das Unternehmen kritischen Lieferantinnen und Lieferanten sowie Kundinnen und Kunden identifizieren. Anschließend sollten die jeweiligen Vertragsbeziehungen untersucht werden, zum Beispiel auf folgende Aspekte hin:

Für Lieferantinnen und Lieferanten:

  • Preissicherheit durch Rahmenverträge statt Einzelbestellungen.
  • Langfristige Vertragslaufzeiten, möglichst Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts, jedenfalls des Lieferanten.
  • Diversifikation: Können frühzeitig alternative Lieferantinnen und Lieferanten qualifiziert werden? Welche sonstigen Alternativen, die auch die eigene Verhandlungsposition verbessern, gibt es?
  • Hält Ihre Lieferkette Ihrer ESG-Strategie und den regulatorischen Anforderungen stand; wie können den Lieferantinnen und Lieferanten entsprechende Pflichten auferlegt werden? Neben dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sind weitere branchenspezifische Vorgaben zu beachten.
  • Passt eine Exklusivitätsvereinbarung mit Lieferantinnen und Lieferanten zu Ihrer Strategie und ist sie kartellrechtlich zulässig?
  • Helfen alternative Ansätze wie Near Sourcing, Insourcing, Erhöhung von Lagerbeständen, Verwendung von Zwischenhändlerinnen und Zwischenhändlern usw.?
  • Müssen Lieferketten engmaschiger überwacht werden?
  • Können bestimmte Ausfallszenarien vorab analysiert werden?
  • Gewähren Ihre Einkaufs-AGB den nötigen Schutz?

Für Kundinnen und Kunden:

  • Bindung der Kundinnen und Kunden durch Rahmenverträge mit Absatzsicherung.
  • Langfristige Vertragslaufzeiten, möglichst Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts (jedenfalls der Kundinnen und Kunden).
  • Vereinbarung – wirksamer – Preisanpassungsklauseln, um Kostensteigerungen weitergeben zu können. Insoweit sind diverse Fallstricke, gerade im Kontext Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu beachten.
  • Vereinbarung von Mindestabnahmemengen – der ausgefeilteste Rahmenvertrag bringt wenig, wenn die Kundin oder der Kunde schlicht entscheidet, keine Bestellungen mehr zu tätigen.
  • Passt eine Exklusivitätsvereinbarung mit Kundinnen und Kunden zu Ihrer Strategie und ist sie kartellrechtlich zulässig?
  • Halten Ihre Verkaufs-AGB den rechtlichen Anforderungen stand?

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