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6. Juli 2023Lesedauer 3 Minuten

BGH: Ausübungsfrist für Wiederkaufsrecht der Gemeinde

Zusammenfassung

In seinem Urteil vom 16. Dezember 2022 – Az.: V ZR 144/21 befasst sich der BGH mit der Frage, ab wann die Ausübung eines Wiederkaufsrechtes durch eine Gemeinde unzulässig ist, wenn eine Ausübungsfrist im Vertrag nicht vorgesehen ist. Ergebnis: Allein die Tatsache, dass mangels vertraglich vereinbarter Ausübungsfrist die gesetzliche Frist von 30 Jahren gilt, begründet noch keine Unangemessenheit. In einem solchen Fall muss also über Jahrzehnte mit einem Rückkauf durch die Gemeinde gerechnet werden.

 

Der Sachverhalt

Der Beklagte, ein Bürger, und die Klägerin, eine bayerische Marktgemeinde, schlossen am 21. Januar 1994 einen notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück zu einem marktgerechten Preis. Eine Klausel des Kaufvertrages sah für den Beklagten die Verpflichtung vor, innerhalb von acht Jahren ab Kaufvertragsschluss ein Wohngebäude auf dem Grundstück zu errichten. Außerdem stand nach dem Vertrag der Gemeinde als Verkäuferin ein Wiederkaufsrecht zum ursprünglichen Kaufpreis zu, wenn der Käufer nicht fristgerecht bauen oder das Grundstück unbebaut weiterverkaufen würde. Das Wiederkaufsrecht wurde ohne Ausübungsfrist vereinbart. Auch zwanzig Jahre später hatte der Beklagte das Grundstück noch nicht bebaut, sodass die Klägerin am 14. November 2014 ihr Wiederkaufsrecht geltend machte.

 

Entscheidung des BGH

Das Wiederkaufsrecht der Gemeinde im städtebaulichen Vertrag ist nicht aufgrund einer Unangemessenheit zwischen Leistung und Gegenleistung gem. § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB unwirksam. Eine solche Unangemessenheit hätte man darin sehen können, dass für die Ausübung des Wiederkaufsrechts keine Frist im Vertrag vereinbart wurde. Dies hält der BGH jedoch für unerheblich. In der Konsequenz gilt mangels vereinbarter Frist nämlich die gesetzliche Frist aus § 462 S. 1 BGB, die 30 Jahre beträgt. Auch wenn das zunächst eine lange Zeit für den Käufer bedeuten kann, entspricht diese Frist der Intention des Gesetzgebers und ist mangels anderslautender vertraglicher Vereinbarungen hinzunehmen. Das Berufungsgericht hatte noch gemeint, die Unangemessenheit der Regelung mit einem Vergleich mit dem „Einheimischenmodell“ begründen zu können, das im Bau- und Kommunalrecht dazu dient, die Bevölkerung an einen Standort zu binden, indem verbilligt Grundstücke erworben werden können. Diesbezüglich hatte der BGH in einem früheren Urteil festgestellt, dass eine 30-jährige Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung verstößt, wenn dem Käufer nur ein geringer Preisnachlass gewährt wurde. Die Entscheidung sei nach dem BGH jedoch nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, da das „Einheimischenmodell“ eine andere Zielsetzung verfolge. Der Angemessenheit der Klausel steht auch nicht entgegen, dass im Vertrag keine Härtefallregelung vereinbart ist, u. a. für den Fall der Arbeits- oder Berufsunfähigkeit des Beklagten. Das Gebot angemessener Vertragsgestaltung bedeutet nicht, dass es einer differenzierten Regelung für jeden erdenklichen Fall bedarf.

 

Praxishinweis

Der Käufer sollte bei Abschluss eines städtebaulichen Vertrages bedenken, dass die verkaufende Gemeinde nach der gesetzlichen Regelung in § 462 BGB über 30 Jahre hinweg ihr Wiederkaufsrecht geltend machen kann. Kommt der Käufer der vertraglichen Bebauungsverpflichtung nicht nach, muss er langfristig mit einer Rechtsausübung durch die Gemeinde rechnen. Es besteht insofern eine Planungsunsicherheit für den Käufer über Jahrzehnte hinweg. Aus Käufersicht ist es daher äußerst ratsam, eine Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts zu vereinbaren.