Teil 2: Energieeffizienzgesetz – Neue gesetzliche Anforderungen für Rechenzentren
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz stellte kürzlich einen Referentenentwurf für das neue Energieeffizienzgesetz (EnEfG-E) vor, der auf eine Steigerung der Energieeffizienz abzielt. Bereits am 19. April 2023 wurde der Entwurf vom Bundeskabinett beschlossen, aktuell befindet er sich im parlamentarischen Verfahren. Die erste Lesung im Bundestag fand am 25. Mai 2023 statt.
Das Gesetz dient unter anderem dazu, die Anforderungen der EU-Energieeffizienzrichtlinie als Teil des „Fit für 55“-Pakets auf nationaler Ebene umzusetzen. Bis zum Jahr 2030 soll der Endenergieverbrauch in Deutschland um mindestens 26,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2008 gesenkt werden. Die derzeit aktuelle Fassung des Entwurfs ist als [Drucksache 20/6872] abrufbar.
Neben allgemeinen Vorschriften für Bund und Länder sowie Unternehmen, die wir bereits in unserem ersten Teil „Energieeffizienzgesetz (EnEfG) – Neue gesetzliche Anforderungen für Unternehmen“ dargestellt haben, stellt der Entwurf insbesondere Anforderungen an die Energieeffizienz von Rechenzentren.
Neue Standards für die Energieeffizienz von Rechenzentren (§ 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EnEfG-E)
Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen, müssen spätestens zwei Jahre nach Betriebsaufnahme einen PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von kleiner oder gleich 1,3 vorweisen können. Diese Anforderung muss spätestens zwei Jahre nach Inbetriebnahme im Jahresdurchschnitt dauerhaft erreicht werden. Rechenzentren, die bereits vor diesem Stichtag den Betrieb aufgenommen haben, müssen ab dem 1. Juli 2027 einen PUE-Wert von 1,5 und ab dem 1. Juli 2030 von 1,3 erreichen.
Effiziente Abwärmenutzung in Rechenzentren (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 EnEfG-E)
Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtenergieverbrauch von über 2,5 GWh sind nach § 16 EnEfG-E grundsätzlich verpflichtet, die in ihrem Unternehmen entstehende Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden und die anfallende Abwärme auf den Anteil der technisch unvermeidbaren Abwärme zu reduzieren. Diese Anforderungen gelten entsprechend für Rechenzentren (§ 11 Abs. 4 EnEfG-E). Bei diesen wird zusätzlich der Anteil an wiederverwendeter Energie nach DIN EN 50600-4-6 (Energy Reuse Factor – ERF), also in der Regel Abwärme, reguliert. Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2026 den Betrieb aufnehmen, sind so zu errichten und zu betreiben, dass sie einen Anteil an wiederverwendeter Energie von mindestens 10 Prozent aufweisen. Für Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2027 den Betrieb aufnehmen, steigt dieser Anteil auf 15 Prozent. Rechenzentren, die ab dem 1. Juli 2028 den Betrieb aufnehmen, müssen einen geplanten Anteil an wiederverwendeter Energie von mindestens 20 Prozent aufweisen. Auch insoweit sind die Anforderungen zwei Jahre nach Inbetriebnahme im Jahresdurchschnitt dauerhaft zu erreichen.
Die Anforderungen gelten jedoch dann nicht,
- wenn der Anteil an wiederverwendeter Energie nach Inbetriebnahme, durch nachträgliche Ereignisse und ohne Verschulden des Betreibers des Rechenzentrums, nicht mehr den Anforderungen entspricht,
- wenn ein Betreiber eines in der Nähe befindlichen Wärmenetzes ein Angebot zur Nutzung wiederverwendeter Energie nachweislich nicht annimmt, obwohl die Kapazität des Wärmenetzes grundsätzlich ausreicht, sich das Wärmenetz in räumlicher Nähe befindet und der Betreiber des Rechenzentrums die Kosten für die notwendige Infrastruktur für die Aufbereitung und Bereitstellung der wiederverwendeten Energie tragen würde, oder
- wenn eine zwischen einer oder mehrerer in räumlicher Nähe befindlicher Gemeinden und dem Betreiber des Rechenzentrums abgeschlossene Vereinbarung zur Abwärmenutzung vorliegt, wonach die Gemeinde ihre konkrete Absicht zum Aufbau oder zur Gestattung eines oder mehrerer Wärmenetze erklärt, womit die Anforderungen bezüglich der Abwärmenutzung innerhalb von zehn Jahren erfüllt werden können.
Neue Anforderungen an die Luftkühlung von Informationstechnik (§ 11 Abs. 5, Abs. 6 EnEfG-E)
Rechenzentren, die ab dem 1. Januar 2024 in Betrieb genommen werden, müssen für die Luftkühlung von Informationstechnik eine minimale Eintrittstemperatur von 27 Grad Celsius einhalten. Für Rechenzentren, die bereits zuvor in Betrieb genommen wurden, gilt zunächst eine minimale Eintrittstemperatur von 24 Grad Celsius, ab dem 1. Januar 2028 gilt allerdings auch für sie der Grenzwert von 27 Grad Celsius. Eine Unterschreitung dieser Eintrittstemperatur ist nur zulässig, sofern diese ohne den Einsatz einer Kälteanlage erreicht wird. Ausnahmeregelungen gibt es für Rechenzentren, deren Anlagen für die unterbrechungsfreie Stromversorgung sich in den Serverräumen des Rechenzentrums befinden.
Strombezug aus erneuerbaren Energien (§ 11 Abs. 8 EnEfG-E)
Der Stromverbrauch soll bilanziell ab dem 1. Januar 2024 zu 50 Prozent und ab dem 1. Januar 2027 zu 100 Prozent durch ungeförderten Strom aus erneuerbaren Energien (Renewable Energy Factor – REF) gedeckt werden. Laut Gesetzesbegründung muss der Strom aus erneuerbaren Energien nicht physisch bezogen werden. Vielmehr reicht es aus, den Bezug des Stromes „bilanziell über den Erwerb entsprechender Zertifikate nachzuweisen”. Inwieweit der Gesetzgeber hierbei die Anforderungen nach § 30 Herkunfts- und Regionalnachweis- Durchführungsverordnung (HkRNDV) berücksichtigt hat, wonach Herkunftsnachweise nur durch Elektrizitätsversorgungsunternehmen, nicht aber durch Letztverbraucher selbst entwertet werden können, bleibt offen. Insoweit sind Klarstellungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren wünschenswert.
Einführung eines Energiemanagement- oder Umweltmanagementsystems (§ 12 EnEfG-E)
Betreiber von Rechenzentren haben bis zum 1. Juli 2025 ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einzurichten. Im Rahmen dessen sind kontinuierliche Messungen zur elektrischen Leistung und zum Energiebedarf des Rechenzentrums durchzuführen und Maßnahmen zu ergreifen, die die Energieeffizienz des Rechenzentrums kontinuierlich verbessern. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Rechenzentren von der Pflicht zur Einführung eines solchen Systems befreit.
Für Rechenzentren mit einer Nennanschlussleistung von mindestens 1 Megawatt und für solche im Eigentum öffentlicher Träger mit einer Nennanschlussleistung ab 200 Kilowatt besteht ab dem 1. Januar 2025 zusätzlich die Pflicht zur Validierung oder Zertifizierung ihres Energie- oder Umweltmanagementsystems.
Informationspflicht der Betreiber gegenüber dem Bund (§ 13 EnEfG-E)
Betreiber von Rechenzentren müssen dem Bund bis zum Ablauf des 31. März eines jeden Jahres über eine hierfür bereitgestellte elektronische Vorlage Informationen über ihr Rechenzentrum übermitteln. Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung zusätzliche Anforderungen an diese Informationspflichten festlegen.
Energieeffizienzregister schafft Transparenz und Kontrolle (§ 14 EnEfG-E)
Die Bundesregierung errichtet ein Energieeffizienzregister für Rechenzentren, in dem die übermittelten Informationen gespeichert und der Öffentlichkeit über eine digitale Plattform zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt nur, sofern keine Gefährdung der öffentlichen oder nationalen Sicherheit zu befürchten ist oder das Interesse am Schutz dieser Informationen das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.
Informations- und Beratungspflichten im Kundenverhältnis (§ 15 EnEfG-E)
Werden Dienstleitungen für Kunden angeboten, so sind die Betreiber ab dem 1. Januar 2024 dazu verpflichtet, dem Kunden transparent über den Energieverbrauch zu informieren. Betreiber von Co-Location Rechenzentren sind ab dem 1. Januar 2024 dazu verpflichtet, den Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten separat auszuweisen und dem Kunden geeignete Monitoring-Informationen, sowie die Registriernummer ihres Rechenzentrums im Energieeffizienzregister zur Verfügung zu stellen.
Wie geht es jetzt weiter?
Das EnEfG wird kommen. Und es wird erhebliche Auswirkungen für bestehende und neue Rechenzentren haben, auch wenn im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch Anpassungen erfolgen. Deshalb ist es unabdingbar für Investorinnen und Investoren, Eigentümerinnen und Eigentümer, Projektentwicklerinnen und Projektentwickler und Betreiberinnen und Betreiber von Rechenzentren, sich bereits jetzt intensiv dem EnEfG zu beschäftigen.