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21. August 2024Lesedauer 3 Minuten

Rückwirkender Wegfall einer Karenzentschädigung bei Wettbewerbsverstoß

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Ein mit dem Geschäftsführer einer GmbH vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das bei Zuwiderhandlung den rückwirkenden Wegfall einer Karenzentschädigung vorsieht, ist wirksam. Der Geschäftsführer wird dadurch nicht unbillig belastet. Dies stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 23. April 2024 fest (Az. II ZR 99/22).

 

Sachverhalt

Nach dem Anstellungsvertrag unterlag der beklagte und widerklagende Geschäftsführer einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot von zwei Jahren bei der klagenden GmbH. Als Ausgleich für die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots war die Zahlung einer monatlichen Karenzentschädigung für die Dauer des Wettbewerbsverbots vorgesehen. Die Parteien vereinbarten zudem, dass ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot zum rückwirkenden Wegfall der Karenzentschädigung führt.

Am 31. Mai 2012 wurde der Beklagte als Geschäftsführer der Klägerin abberufen. Er nahm am 17. Juni 2013 eine Tätigkeit als Geschäftsführer bei einem Konkurrenzunternehmen der Klägerin auf. Der Beklagte verlangte von der Klägerin unter anderem die Zahlung der ausstehenden Karenzentschädigung.

 

Entscheidung des BGH

Nach Auffassung des BGH wurde der rückwirkende Wegfall der Karenzentschädigung wirksam vereinbart, da dieser den Beklagten nicht unbillig belaste.

Der BGH stellte zunächst auf seine ständige Rechtsprechung ab, wonach bei Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots mit einem Geschäftsführer keine Verpflichtung bestehe, dem Geschäftsführer eine Karenzentschädigung zu gewähren. Wird eine solche dennoch versprochen, können die Parteien deren Höhe frei vereinbaren. Diese Verhandlungsfreiheit umfasse auch die Festlegung des rückwirkenden Wegfalls im Falle eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot.

Der BGH hielt außerdem fest, dass kein Ungleichgewicht der Parteien aufgrund der einseitigen Sanktion des Geschäftsführers vorliege, da bereits nicht ersichtlich sei, welche denkbare Pflichtverletzung der Klägerin im Interesse der Gleichbehandlung sanktioniert werden solle.

Auch die Auffassung des Beklagten, wonach die Karenzentschädigung für ihn eine Einkommensersatzleistung darstelle, die ihm billigerweise nicht rückwirkend entzogen werden dürfe, wies das Gericht zurück. Die Karenzentschädigung sei keine Einkommensersatzleistung, da eine solche mit der Berechtigung der Klägerin, einseitig auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten, unvereinbar sei.

Schließlich sei es der Klägerin auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf den rückwirkenden Wegfall der Karenzentschädigung zu berufen. Allenfalls bei einer ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Zahlung der Karenzentschädigung könne man erwägen, dass die Beklagte von der Klägerin zur Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit „herausgefordert“ worden sei.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung erweitert den Gestaltungsspielraum von Arbeitgebern bei der Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote in Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern.

Die Grundsätze dieser Entscheidung dürften nicht auf Arbeitnehmer übertragbar sein. Hier ist die Vertragsfreiheit der Parteien durch spezialgesetzliche Regelungen eingeschränkt. Die Karenzentschädigung ist also nicht frei verhandelbar, sondern gesetzlich verpflichtend.