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18. Juni 2024Lesedauer 4 Minuten

Das Sozialpartnermodell mit zwei Tarifabschlüssen im privaten Bankgewerbe

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Nachdem der Gesetzgeber bereits 2018 den Weg für die reine Beitragszusage und die diese durchführenden Sozialpartnermodelle geebnet hat, folgt nunmehr das private Bankgewerbe mit den ersten Umsetzungen in der Industrie bei der Uniper SE und der Chemiebranche und führt ebenfalls die reine Beitragszusage ein. Grundstein hierfür ist der Tarifabschluss zwischen dem Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e.V. (AGV Banken) und den Gewerkschaften Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sowie dem Deutscher Bankenangestellten Verband (DBV) vom 23. November 2023. Diesem Tarifabschluss folgt nun der erste Tarifabschluss, der die reine Beitragszusage in einem Unternehmen des privaten Bankgewerbes einführen wird. Die Deutsche Bank führt aufgrund einer Einigung mit den beiden zuvor bezeichneten Gewerkschaften die reine Beitragszusage bei ihrer Konzerntochter, der Postbank, ein. Nach den einschlägigen Presseberichten erhalten somit die rund 4.000 Beschäftigten der Tochtergesellschaften des ehemaligen Postbankkonzerns eine reine Beitragszusage. Versorgungsträger ist die BVV Pensionsfonds des Bankgewerbes AG, die die reine Beitragszusage unter dem Namen BVV.MAXRENTE durchführt.

 

Wesen und Hintergrund der reinen Beitragszusage

Insbesondere um die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung voranzutreiben, hat der Gesetzgeber mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) die Möglichkeit für Arbeitgeber geschaffen, die betriebliche Altersversorgung in Form einer „reinen Beitragszusage“ bzw. in Form eines „pay and forget-Systems“ zu erbringen. So regelt § 1 Abs. 2 Nr. 2 a BetrAVG, dass betriebliche Altersversorgung auch vorliegt, wenn:

„…der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, […] zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1 a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1 b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage).“

Damit erschöpft sich die Pflicht des Arbeitgebers in der reinen Beitragsaufbringung. Für eine zugesagte Leistung, die sich aus den Beiträgen ergibt, hat der Arbeitgeber, anders als bei allen anderen „konservativen“ Zusageformen, die das Gesetz bislang kannte, nicht mehr einzustehen. Da garantierte Leistungen i.d.R. teuer und auf Garantien ausgelegte Kapitalanlagekonzepte zudem nicht renditestark sind, profitieren von dieser neuen Zusageform Arbeitgeber wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

In Entsprechung des Gesetzeswortlauts hat der Gesetzgeber die Einführung und Durchführung der reinen Beitragszusage in die Verantwortung der Tarifvertragsparteien gestellt. Konsequenterweise gibt der Gesetzgeber in § 21 Abs. 1 BetrAVG vor, dass sich die Sozialpartner an der Durchführung und Steuerung der Versorgung zu beteiligen haben. Zudem entfällt die Insolvenzsicherungspflicht und damit auch der an den Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) zu entrichtende Beitrag des Arbeitgebers. Zur Absicherung von Kapitalanlagerisiken gibt der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien auf, einen vom Arbeitgeber zu entrichtenden Sicherungsbeitrag zu vereinbaren.

Damit stellt die reine Beitragszusage eine moderne, für den Arbeitgeber planbare „DC-Zusage“ und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine renditestarke betriebliche Altersversorgung in Aussicht.

 

Eckdaten der reinen Beitragszusage im privaten Bankgewerbe

Nach den von den Sozialpartnern des privaten Bankgewerbes ausgehandelten Grundsätzen soll die reine Beitragszusage als eine ergänzende betriebliche Altersversorgung eingeführt werden. Diese neue Zusageform steht tarifgebundenen sowie nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern offen. Für nicht tarifgebundene Arbeitgeber bestehen jedoch abweichende Beitragssätze, die über die ersten vier Jahre zudem sukzessive ansteigen. Nach vier Jahren liegt der maximale Arbeitgeberbeitrag für tarifgebundene Arbeitgeber bei 2,25% des „Brutto-Monatsgrundgehalts“ und für nicht tarifgebundene Arbeitgeber bei 1,65%. Bei Auswahl der „chancenorientierten“ Produktvariante ist der maximale Arbeitgeberbeitrag zwar jeweils 0,15% geringer, dafür kommt ein vom Arbeitgeber zu leistender Sicherungsbeitrag in dieser Höhe hinzu. Zudem sieht der Tarifvertrag einen Arbeitnehmerbeitrag von mindestens 1% vor, der allenfalls für geringe Einkommen durch eine betriebliche Regelung entfallen kann. Die Beteiligung der Sozialpartner an der Durchführung und Steuerung erfolgt über einen paritätisch besetzten Sozialpartnerbeirat.

 

Ein wichtiger Meilenstein für die reine Beitragszusage

Nachdem es lange hat auf sich warten lassen, bis die ersten beiden Sozialpartnermodelle in 2022 endlich bei der Uniper SE und in der Chemiebranche eingeführt wurden, ist das Sozialpartnermodell des privaten Bankgewerbes nun ein weiterer wichtiger Meilenstein für die reine Beitragszusage und damit die betriebliche Altersversorgung in Deutschland. Eine ausbleibende Umsetzung dieser neuen Zusageform ist eine Gefahr für ihren Erfolg und sicher auch eine Gefahr für die Akzeptanz der betrieblichen Altersversorgung insgesamt. Umso begrüßenswerter ist es, dass nun auch das private Bankgewerbe zu den Befürwortern dieser neuen Form der betrieblichen Altersversorgung gehört. Das Bankgewerbe dürfte auch prädestiniert sein, eine betriebliche Altersversorgung anzubieten, die ohne Garantien auskommt und sich durch eine höhere Rendite auszeichnet.