Wirtschaftsstrafrecht
Legal Roadmap 2025Die nachfolgenden Themen finden Sie untenstehend detailliert im Überblick.
- EU-Antikorruptionsrichtlinie
- Strafbarkeit unzulässiger Interessenwahrnehmung
- Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG)
- Bewertung von Compliance-Programmen durch das US-Justizministerium (Evaluation of Corporate Compliance Programs – ECCP)
EU-Antikorruptionsrichtlinie
Worum geht es bei diesem Thema?
Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung der Korruption vom 14. Juni 2024 („RL-E“) will den bestehenden europäischen Rechtsrahmen des Korruptionsstrafrechts harmonisieren und Strafbarkeitslücken schließen. Eine Umsetzung würde Strafbarkeits- und Sanktionsrisiken spürbar erhöhen.
Was gilt es zu beachten?
In Deutschland hätte die Implementierung der Richtlinie nach dem jetzigen Stand zunächst eine Anhebung der in den Korruptionsdelikten der § 299 StGB und in den §§ 331 ff. StGB vorgesehenen Höchststrafen zur Folge. Höchstwahrscheinlich wird der Gesetzgeber auch zur Einführung neuer Tatbestände veranlasst sein, die das Risiko für strafbare Handlungen von Personen erhöhen, die mit der öffentlichen Hand zusammenarbeiten. Denn nach dem RL-E wird bereits eine unerlaubte Einflussnahme unter Strafe zu stellen sein, d.h. die Gewährung eines ungerechtfertigten Vorteils an eine dritte Person, „damit diese Person ihren […] Einfluss ausübt, um von einem öffentlichen Bediensteten einen ungerechtfertigten Vorteil zu erlangen“ sowie das entsprechend spiegelbildliche Verhalten. Weiterhin bedarf der im Richtlinien-Entwurf vorgesehene Tatbestand der „Behinderung der Justiz“ einer Entsprechung im deutschen StGB, da die Richtlinie hier auch eine Beeinflussung über Mittelspersonen explizit unter Strafe stellen möchte, die bislang nicht vorgesehen war. Auch hier ergeben sich damit neue Strafbarkeitsrisiken für am Wirtschaftsleben Beteiligte.
Daneben ist zu erwarten, dass der Richtlinien-Entwurf die Debatte rund um ein – in Deutschland bislang nicht existentes – Unternehmensstrafrecht erneut befeuern wird. Denn Art. 18 der Richtlinie adressiert in seinem Wortlaut ausdrücklich juristische Personen als potenzielle Täter. Ob damit die Pflicht zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts verbunden werden soll, scheint noch unklar – in der Literatur wird dem bislang widersprochen.
Mit Blick auf die Rechtsfolgen sieht der Entwurf bedeutende Änderungen vor. Positiv ist, dass das Vorhandensein wirksamer Compliance-Systeme explizit als Strafmilderungsgrund im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht geregelt werden soll. Selbes gilt für die Einleitung von Abhilfemaßnahmen unmittelbar nach Aufdeckung der Straftat (etwa durch eine interne Untersuchung bzw. die Mitwirkung an der Aufarbeitung des Sachverhalts) und eine freiwillige Selbstanzeige.
Darüber hinaus sieht die Richtlinie eine Verschärfung bestehender und die Einführung gänzlich neuer Sanktionen vor. Letztere sollen bis zur gerichtlich angeordneten Auflösung der juristischen Person reichen. Diese neue Sanktionsart ist besonders risikoreich, da sie über die rein finanzielle Sanktionierung hinausgeht.
Umso wichtiger sind entsprechende Bemühungen, ein wirksames Compliance-System zu unterhalten, das es mit Blick auf die entsprechenden Risiken gegebenenfalls erneut zu überprüfen und zu verbessern gilt.
Strafbarkeit unzulässiger Interessenwahrnehmung
Worum geht es bei diesem Thema?
Mit dem am 18. Juni 2024 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit der unzulässigen Interessenwahrnehmung wurde ein neuer § 108 f StGB in das Strafgesetzbuch (StGB) eingefügt. Der Tatbestand soll Strafbarkeitslücken schließen, die die Masken-Deal-Entscheidung des BGH offengelegt hat. Denn bislang war nur eine Vorteilsgewährung/-nahme unter Strafe gestellt, die direkten Bezug zur Mandatsausübung im Parlament hatte. Nicht unter Strafe gestellt war dagegen die bloße „Kommerzialisierung der Einflussmöglichkeiten von Mandatsträgern außerhalb der Mandatswahrnehmung“ (BT-Drs. 20/10376, S. 5). Genau dies will der neue § 108 f StGB erfassen.
Was gilt es zu beachten?
Mit dem neuen Straftatbestand wird das Strafbarkeitsrisiko bei Lobbyarbeit deutlich erhöht. Strukturgleich zu den Korruptionsdelikten der §§ 331 ff. StGB setzt § 108 Abs. 1, 2 StGB voraus,
- (Abs. 1) dass der Täter entweder als Parlamentsmitglied einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder eine dritte Person fordert, sich versprechen lässt oder annimmt oder
- (Abs. 2) dass der Täter einem Parlamentsmitglied einen solchen Vorteil für diesen oder eine dritte Person anbietet, verspricht oder gewährt,
- damit Handlungen vorgenommen werden, die im Interesse des oder der vorteilsgewährenden oder einer dritten Person liegen. Durch die entgeltliche Interessenwahrnehmung müssen die für die Rechtsstellung des Mandats maßgeblichen Vorschriften verletzt werden.
Materiell-rechtlich ist der Tatbestand damit recht eng gefasst. Zwar ist in prozessualer Hinsicht durch die Ausgestaltung der Norm als Vergehen eine Einstellung grundsätzlich möglich. Allerdings erweitert der neue Straftatbestand unter Compliance-Gesichtspunkten die Risiken, die bereits von den Tatbeständen der allgemeinen Korruptionsdelikte bekannt sind. Gerade Unternehmen mit Bezug zur Lobbyarbeit ist daher anzuraten, ihre Compliance-Vorgaben an den neuen Straftatbestand anzupassen.
Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG)
Worum geht es bei diesem Thema?
Der nunmehr in Form einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses seit dem 28. Juni 2024 vorliegende Entwurf des FKGB will die Geldwäschebekämpfung in Deutschland nachhaltig verbessern. Hierzu soll eine Bundesbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität errichtet werden (BBF), um die Analyse, die straf- und verwaltungsrechtlichen Ermittlungen und die Geldwäsche-Aufsicht unter „einem Dach“ zusammenzuführen. Daneben ergeben sich aus dem Entwurf die Einrichtung eines Immobilientransaktionsregisters sowie wichtige Änderungen des Geldwäschegesetzes (GwG).
Was gilt es zu beachten?
Das nach dem Entwurf beim BBF einzurichtende Immobilientransaktionsregister dient der Verhütung und Verfolgung von Straftaten und soll zukünftig Daten zu Rechtsvorgängen speichern, die nach § 18 Abs. 1, 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) anzeigepflichtig sind. Hierzu zählen u. a. Daten zu den Transaktionsbeteiligten (Veräußerer und Erwerber), Daten zur Liegenschaft und der Kaufpreis. Der Entwurf sieht zudem vor, dass eine Verknüpfung mit dem Transparenzregister hergestellt wird.
Mit Blick auf das GwG wird zunächst der Kreis der Verpflichteten erweitert, welche fortan die umfassenden Pflichten zu Risikoanalyse und -management des GwG treffen. Adressaten des § 2 GwG sind zukünftig auch Finanzholding-Gesellschaften, gemischte Finanzholding-Gesellschaften und Versicherungs-Holdinggesellschaften. Zudem wird die bereits seit dem 1. Januar 2024 bestehende Pflicht, sich bei dem elektronischen Meldeportal (GoAML) der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu registrieren, nunmehr bußgeldbewährt und kann mit einer Geldbuße von bis zu 150.000 Euro geahndet werden. Der Entwurf sieht zudem die Einführung eines bußgeldbewährten Verbotes vor, Vertragspartner, Auftraggeber oder sonstige Dritte von Ermittlungsmaßnahmen der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung in Kenntnis zu setzen. Zuletzt sollen mit Blick auf die Verbesserung der Qualität der Daten im Transparenzregister zukünftig Anreize für eintragungspflichtige Organisationen gesetzt werden, ihre Eigentums- und Kontrollstrukturen offenzulegen.
Insbesondere mit Blick auf die neuen Bußgeldtatbestände sollten Unternehmen kritisch prüfen, ob sie die gesetzlichen Anforderungen des GwG bereits erfüllen oder hier entsprechende Anpassungen erforderlich sind.
Bewertung von Compliance-Programmen durch das US-Justizministerium (Evaluation of Corporate Compliance Programs – ECCP)
Worum geht es bei diesem Thema?
Das US-Justizministerium (DOJ) hat am 23. September 2024 seine Bewertung von Compliance-Programmen für Unternehmen (Evaluation of Corporate Compliance Programs – ECCP) aktualisiert. Anhand dieser Bewertung und der darin enthaltenen Kriterien des DOJ sollen Strafverfolgungsbehörden unternehmerische Compliance-Programme im Rahmen strafrechtlicher Untersuchungen evaluieren. Obwohl die ECCP sich damit in erster Linie an staatliche Stellen richtet, dient sie auch Unternehmen als wertvolle Ressource, um zu beurteilen, wie ihre Programme vom DOJ beurteilt werden könnten.
Was gilt es zu beachten?
Mit Blick auf die mögliche Strafmilderung durch ein effektives Compliance-System sollten Unternehmen die Änderungen und Ergänzungen der ECCP zur Kenntnis nehmen. Im Wesentlichen sind hiervon fünf Themengebiete betroffen:
- Unternehmen sollten Risiken bewerten und adressieren, die im Zusammenhang mit dem Einsatz neuerer Technologien, insbesondere KI stehen.
- Unternehmen sollten ihre internen Strukturen stärken, um Whistleblowing zu fördern und Hinweisgebende zu unterstützen und zu schützen.
- Unternehmen sollten ein verstärktes Augenmerk auf die Ausstattung von Compliance-Abteilungen legen, und insbesondere sicherstellen, dass dort Tools zur Datensammlung und Analyse (effektiv) eingesetzt werden.
- Unternehmen sollten sicherstellen, dass Erkenntnisse aus früheren internen Untersuchungen effektiv umgesetzt werden; dies gilt sowohl für Erkenntnisse aus eigenem Fehlverhalten als auch für Probleme, die bei anderen Unternehmen in verwandten Branchen oder Regionen aufgetreten sind.
- Die Einbeziehung von Compliance-Abteilungen bei M&A Transaktionen, insbesondere in der Post-Transaktionsphase, sollte sichergestellt werden.
Unternehmen sollten daher in Erwägung ziehen, ihre Compliance-Programme im Hinblick auf die zusätzlichen Faktoren, die in die ECCP aufgenommen wurden, zu überprüfen. Bei dieser Überprüfung sollte bewertet werden, ob das Unternehmen über ausreichende Maßnahmen verfügt, um Risiken im Zusammenhang mit KI und anderen neu entstehenden Technologien zu begegnen, ob adäquate Mechanismen zur Förderung von Whistleblowing vorhanden sind und wie eine adäquate Compliance-Überprüfung nach der Übernahme von Unternehmen durchgeführt werden kann.