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18. Juni 2024Lesedauer 5 Minuten

Global Remuneration Systems

Variable Vergütungssysteme kommen gerade in größeren Unternehmen häufig zur Anwendung. Nach aktuellen Umfragen nutzen immerhin 60 Prozent der in Deutschland ansässigen Unternehmen derartige Vergütungssysteme. Diese Formen der variablen Vergütung sind ein wichtiger Anreiz für die Mitarbeitenden und tragen nicht unerheblich dazu bei, die Mitarbeitenden zu bestmöglicher Leistung zu motivieren.

Gerade global agierende Unternehmen haben ein nachvollziehbares Interesse daran, weltweit einheitliche Vergütungssysteme zu nutzen. Eine solche Einheitlichkeit ist ein erheblicher administrativer Vorteil und dient zudem dazu, Diskussionen in der Belegschaft über vermeintlich ungerechte lokale Unterschiede in der Vergütungsstruktur zu vermeiden. Möchte ein solcher, global agierender Arbeitgeber ein entsprechendes System zur variablen Vergütung, welches oft in den Vereinigten Staaten oder Großbritannien nach den dort üblichen Gepflogenheiten und Rechtsvorschriften erdacht worden ist, in Deutschland einführen, stellen sich eine Reihe von Problemen.

 

Umsetzung von Global Renumeration Policies in Deutschland

Um bestehende globale Regelungen zur variablen Vergütung auf nationaler Ebene anzuwenden, gibt es für den Arbeitgeber in Deutschland im Wesentlichen drei Möglichkeiten.

  1. Die Einführung und Auszahlung von variabler Vergütung an deutsche Mitarbeitende kann ohne konkrete Bezugnahme auf bestehende globale Policies stattfinden.
    Dies erscheint zwar zunächst als einfache Möglichkeit. Der Arbeitgeber geht allerdings stets die Gefahr ein, sich im Wege einer betrieblichen Übung oder einer Gesamtzusage rechtlich zu binden. Dadurch würde der Sinn von variablen Vergütungssystemen, dass die Vergütung an bestimmte Umstände angepasst wird, um Anreize zu schaffen, unterlaufen. Hierbei muss unter anderem auf die Formulierung geachtet werden. Der Begriff der „Freiwilligkeit“ etwa bringt nach der Rechtsprechung regelmäßig lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht bereits anderweitig zur Zahlung verpflichtet ist.
  2. Als zweite Option kann im Arbeitsvertrag direkt auf die anzuwendende Policy verwiesen werden. Ein solcher Verweis sollte jedoch sorgsam formuliert sein.
  3. Schließlich gibt es die Möglichkeit, die variable Vergütung in einem „Side Letter“ als vertragliche Nebenabrede zu vereinbaren.
    Hierbei gibt es insbesondere hinsichtlich des Umfangs Gestaltungsfreiheiten. So kann die gesamte globale Policy mit ihren Bedingungen oder aber auch nur die Zusage einer Bonusgewährung Bestandteil eines solchen Letters sein. Die Anforderung an die Wirksamkeit richtet sich dabei insbesondere nach den getroffenen Regelungen. Auch hier kommt es also entscheidend darauf an, entsprechende Vereinbarungen geschickt und rechtssicher zu entwerfen.

 

Ausgestaltungsmöglichkeiten von Verweisen auf Global Remuneration Policies

Gerade der äußerst praxisrelevante Fall des Verweises im Rahmen des Arbeitsvertrages birgt große Unsicherheit und Risiken für die Wirksamkeit ebendieser Klauseln. Insbesondere ist zu beachten, dass es sich bei entsprechenden Inbezugnahmeklauseln um AGB handeln kann, was wiederum zu einer Inhaltskontrolle der Regelung nach den §§ 307 ff. BGB führt. Dabei steht insbesondere das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB im Fokus. Der Bezugsgegenstand, also in diesem Fall die Global Remuneration Policy, muss ausreichend bestimmt werden. Wird folglich allgemein auf diese verwiesen, besteht das Risiko, dass dem Transparenzgebot nicht genüge getan wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt dann vor, wenn die Gefahr besteht, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin aufgrund der möglicherweise bestehenden Intransparenz von der Durchsetzung bestehender Rechte gegenüber dem Verwender abgehalten wird. Um dies zu vermeiden, sollte stattdessen eine konkrete Policy genannt werden.

Variable Vergütungssysteme werden jedoch regelmäßig (oftmals jährlich) angepasst. Um darauf zu reagieren, wird häufig auf die jeweils gültige Fassung verwiesen. Hierbei zeigt sich insbesondere ein Konflikt bei der Frage, ob solche „dynamischen“ Bezugnahmeklauseln im Rahmen des § 308 Nr. 4 BGB zulässig und mithin wirksam sind. Dabei ist entscheidend, ob der Arbeitgeber als AGB-Verwender auf Änderungen der in Bezug genommenen globalen Policy maßgeblichen Einfluss hat. Insgesamt ist bei der Ausgestaltung eines Verweises auf Global Remuneration Policies Vorsicht geboten, damit diese am Ende einer AGB-Kontrolle gemäß den §§ 305 ff. BGB standhalten.

Nach der Rechtsprechung handelt es sich aber zumindest nicht um überraschende Klausel im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB, wenn innerhalb eines Bonusplans durch eine Klausel bestimmt wird, dass die Auszahlung eines Bonus auch von der Erreichung von Unternehmenszielen abhängig gemacht wird, auch wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin selbst darauf keinen Einfluss hat. Eine solche Regelung sei nicht ungewöhnlich und auch ein Übertölpelungseffekt hafte ihr nicht an.

Zu beachten ist auch, dass es sich bei einer solchen Regelung um eine Preisabrede handelt. Eine solche wird aber nicht durch die Inhaltskontrolle überprüft, sondern es findet lediglich eine Überprüfung im Rahmen des Transparenzgebots statt. Denn bei diesen wird an vom Arbeitnehmer oder von der Arbeitnehmerin nicht beeinflussbare Umstände angeknüpft, womit keine feste, sondern eine ungewisse Leistung und damit eine bloße Gewinnchance versprochen wird.

 

AGB-Prüfung bei Global Remuneration Policies?

Hat es einen wirksamen Verweis auf die jeweilige Global Remuneration Policy gegeben, ist fraglich welcher rechtlichen Prüfung diese zu unterziehen ist. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Policy selbst einer AGB-Kontrolle zu unterziehen ist. Dies wurde zwar bisher noch nicht von der Rechtsprechung entschieden, es geht jedoch die Tendenz hervor, dass es wohl nicht zu einer AGB-Kontrolle der in Bezug genommenen Policy kommen dürfte. Stattdessen könnte eine Überprüfung nach den Maßstäben des § 319 BGB in Betracht kommen. Zwar könnte eine Nichtanwendung der AGB-Kontrolle hinsichtlich der in Bezug genommenen Policy mit Blick auf das Umgehungsverbot gemäß § 306 a BGB problematisch sein, die Bewertung der Billigkeit müsste dann allerdings nach der Rechtsprechung unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben geschehen, die national in der Institutsvergütungsverordnung umgesetzt worden sind.

Insgesamt zeigt sich, dass mit Spannung weitere Rechtsprechung erwartet werden kann. Bereits jetzt ist aber bei der Umsetzung von Global Remuneration Policies in Deutschland Feingefühl gefordert und es muss genau darauf geachtet werden, dass es nicht ungewollt zu durchsetzbaren Ansprüchen kommt und die Klauseln einer AGB-Kontrolle standhalten können.