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13. August 2024Lesedauer 4 Minuten

Betriebliche Altersversorgung: Vertragliche Bezugnahme auf Tarifvertrag erfasst nicht automatisch auch ergänzende Tarifverträge

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in einem kürzlich veröffentlichten Revisionsurteil mit der Verschaffung einer Versorgungsleistung aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) befasst (Urteil vom 12. März 2024, 3 AZR 150/23). Der Dritte Senat entschied, dass eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, nach der sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) bestimmt, die sich aber nicht auch auf die diesen Tarifvertrag ergänzenden Tarifverträge erstreckt, nicht dahingehend zu verstehen ist, dass damit automatisch eine betriebliche Altersversorgung zugesagt wird. Dies gilt, sofern sich diese betriebliche Altersversorgung nur aus der kombinierten Anwendung des TVöD i.V.m. den ergänzenden Tarifverträgen ergibt.

 

ZUGRUNDELIEGENDER SACHVERHALT

Zwischen den Parteien bestand Streit darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Versorgungsfall eine Zusatzversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zu verschaffen. Die Beklagte ist nicht Mitglied bei der VBL. Hintergrund des Streits war eine Regelung im Arbeitsvertrag, wonach sich das Arbeitsverhältnis künftig nach den Regelungen des TVöD bestimmen sollte. In § 25 TVöD ist u.a. geregelt, dass die Beschäftigten einen Anspruch auf Teilnahme an einer betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe des Tarifvertrags „Altersvorsorge-TV-Kommunal“ (ATV-K) haben. Der ATV-K wiederum sieht vor, dass dieser nur auf Beschäftigte anwendbar ist, die in den Geltungsbereich eines in Anlage 1 des ATV-K aufgeführten Tarifvertrags – wie beispielswiese den TVöD – fallen. Der Kläger gehörte, auch bereits wegen seiner fehlenden Tarifbindung, nicht zum Kreis der nach dem ATV-K erfassten/versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, die Beklagte sei nach § 25 TVöD verpflichtet, ihn in der VBL zu versichern.

 

ENTSCHEIDUNG DES BAG ZUGUNSTEN DER BEKLAGTEN

Das BAG entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung nach den Bedingungen der VBL hat und dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, ihm im Versorgungsfall die entsprechenden Versorgungsleistungen zu verschaffen.

 

ARBEITNEHMER HAT GRUNDSÄTZLICH EINEN VERSCHAFFUNGSANSPRUCH

Das BAG führte zunächst aus, dass ein Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber im Falle einer zugesagten betrieblichen Altersversorgung einen aus dem arbeitsvertraglichen Versorgungsverhältnis folgenden Anspruch hat, der sich auf die Gewährung der versprochenen Versorgung richtet. Wenn die Durchführung – wie hier bei einer Durchführung über die VBL – aber nicht durch den Arbeitgeber selbst erfolgt, müsse der Arbeitgeber grundsätzlich für die von ihm zugesagten Leistungen einstehen (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG).

 

KEINE VERSORGUNGSZUSAGE DES ARBEITGEBERS

Vorliegend habe die Beklagte dem Kläger aber gar keine Versorgungsleistung nach den Bedingungen der VBL zugesagt. Dies ergebe sich aus der Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien.

Der arbeitsvertragliche Verweis auf den TVöD beziehe sich zwar auch auf § 25. Er erfasse wegen seines engen Wortlauts aber nicht auch die in § 25 TVöD genannten Versorgungstarifverträge. Das unterscheide die vorliegende Sachverhaltskonstellation von den Fällen, in denen sich die arbeitsvertragliche Verweisung auch auf die den ausdrücklich genannten Tarifvertrag ergänzenden oder ändernden Tarifverträge – und damit auch auf den Versorgungstarifvertrag – erstreckt. § 25 TVöD gewähre den Beschäftigten einen Anspruch auf Altersversorgung nur „nach Maßgabe“ des genannten Versorgungstarifvertrags (ATV-K). Deshalb gebe die Norm nur den nach dem Versorgungstarifvertrag versicherungspflichtigen Arbeitnehmern einen Anspruch gegen ihren Arbeitgeber auf Verschaffung einer Versorgung nach Maßgabe des Versorgungstarifvertrags. Findet der Versorgungstarifvertrag – wie vorliegend – keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis, könne allein die arbeitsvertragliche Verweisung auf das „Blankett“ des § 25 TVöD von rechtsunkundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der beteiligten Verkehrskreise regelmäßig nicht dahin verstanden werden, dass bereits eine Altersversorgung zugesagt werden sollte.

 

FAZIT

Die Entscheidung des BAG veranschaulicht zum einen die innerhalb der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Auslegung von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Bezugnahmeklauseln. Zum anderen wird die ständige Rechtsprechung zum betriebsrentenrechtlichen Verschaffungsanspruch bestätigt, wonach der Arbeitgeber bei mittelbar zugesagter betrieblicher Altersversorgung stets für die von ihm versprochenen Leistungen einstehen muss (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG).

Im vorliegenden Fall ergab die Auslegung, dass die Voraussetzungen für eine Einstandspflicht des Arbeitgebers nicht vorlagen. Im Allgemeinen sollte bei der Verwendung von Bezugnahmeklauseln stets sorgfältig geprüft werden, ob sich Unklarheiten in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung ergeben können. Nur so lässt sich die Gefahr einer für den Arbeitgeber nachteiligen Auslegung von vornherein verringern.

Das vollständige Urteil finden Sie hier.